Eine Unterwasseruntersuchung wurde eingeleitet, nachdem bei einer Mehrstrahl-Echolot-Untersuchung der Trave in der Nähe des Lübecker Hafens in Norddeutschland in einer Tiefe von 11 m rätselhafte, mit Muscheln bedeckte Holzbalken und Fässer mit einer unbekannten Ladung gefunden wurden.
Taucher untersuchten die Anomalie erstmals im August 2021, um eine Gefährdung der vorbeifahrenden Schifffahrt auszuschließen. Daraufhin wurden Forscher der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel hinzugezogen und haben seit November letzten Jahres 13 Tauchgänge mit einer durchschnittlichen Dauer von 36 Minuten durchgeführt, um festzustellen, dass es sich bei der Wrackstelle um eine einzigartige Stelle im westlichen Ostseeraum handelt.
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Es handelt sich um ein fast 400 Jahre altes Schiff aus der Hansezeit – mit 150 Fässern Branntkalk.
„Eine unabhängige Datierung der Schiffshölzer in drei verschiedenen Labors ergab, dass das Schiff in der Mitte des 17. Jahrhunderts gebaut worden sein muss“, berichtete der wissenschaftliche Taucher Dr. Fritz Jürgens vom Institut für Prähistorische und Frühgeschichtliche Archäologie der Universität. „Man hofft immer, so einen Fund zu machen, und plötzlich hat man einen direkt vor Augen. Es ist wirklich einzigartig – auch für mich persönlich.“
Jürgens und ein Team des wissenschaftlichen Tauchzentrums der Universität erkundeten gemeinsam mit Forschern der Hansestadt Lübeck und der Universität Göttingen die Wrackstelle, doch erst das Kieler Institut für Geowissenschaften identifizierte die Ladung als Baustoff Branntkalk.
„Im Mittelalter und in der frühen Neuzeit wurde Kalkstein abgebaut, gebrannt und anschließend gelöscht. Daraus wurde Mörtel verarbeitet“, sagte Dr. Jürgens.
Es wird angenommen, dass das Hanseschiff von Skandinavien nach Lübeck unterwegs war. Der Grund für den Untergang ist unbestätigt, es könnte jedoch sein, dass es im seichten Wasser einer Flussbiegung auf Grund gelaufen ist.
Seit Dezember letzten Jahres gesellt sich zu den Unterwasserarchäologen der wissenschaftliche Taucher Christian Howe, ein erfahrener Unterwasserfotograf und Kameramann. Mithilfe von 3D-Modellen auf Grundlage der Fotos der Taucher und VideosDie Länge des Schiffes wurde auf 20–25 m geschätzt, was es zu einem typischen mittelgroßen „Arbeitspferd“ der Ostseehandelsschifffahrt machte.
Obwohl bereits früher ähnliche Wracks aus verschiedenen Jahrhunderten gefunden wurden, waren sie bisher auf die östliche Ostseeregion beschränkt.
Die Tauchgänge ergaben, dass das Schiffswrack einem ernsthaften Erosionsrisiko ausgesetzt ist und freiliegende Teile von Schiffswürmern befallen sind, die in Flüssen, jedoch nicht in der Ostsee selbst vorkommen können. Die Christian-Albrechts-Universität zu Kiel arbeitet nun gemeinsam mit den anderen Interessenten an einer Schutzstrategie, einschließlich der Möglichkeit einer Bergung und Konservierung des Wracks.
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